Leitwort ist Zuspruch und Einladung

Stadtpfarrer Pater Josef vor dem Blutaltar bei der Eröffnung Wallfahrtssaison

Einen besonderen Gottesdienst gab es in der Basilika: Dort wurde am Sonntag eine Wallfahrtssaison eröffnet, erstmals in der langen Geschichte der Wallfahrt zum Heiligen Blut.

Es war ein ungewohntes Bild: Die Bänke in dem Gotteshaus waren nur dünn besetzt, am Eingang musste man sich in eine Liste eintragen, in der Kirche galten Maskenpflicht und die Abstandsregeln; ein Wallfahrtsgottesdienst in Coronazeiten ist schon etwas Außergewöhnliches!

Stadtpfarrer und Wallfahrtsleiter Pater Josef Bregula, OFM conv., sagte, an diesem Sonntag, der auch Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit ist, eröffne man erstmals in der Geschichte der Wallfahrt zum Heiligen Blut eine Wallfahrtssaison, die bis zum 17. Oktober andauern wird. „In diese Zeit ist auch unsere Hauptwallfahrtszeit vom 29. Mai bis 27. Juni integriert.“ Dazu begrüße er alle Gemeindemitglieder der Seelsorgeeinheit sowie alle Pilger aus nah und fern hier in der Basilika. Der Gottesdienst wurde auch über K-TV und den Livestream übertragen.

Stadtpfarrer Pater Josef vor dem Blutaltar bei der Eröffnung Wallfahrtssaison

Der Gottesdienst wurde kirchenmusikalisch von Organist Sven Geier und den Sängern und Instrumentalisten Katrin Agbowo, Anja Rusnak, Christopher Henk, Bastian Hess und Simon Schmeiser umrahmt.

 

„Im Glauben stärken lassen“

Das Leitwort für das Wallfahrtsjahr 2021 lautet: „Fürchte dich nicht, denn ich bin mit Dir“ und ist aus dem Buch Jesaja entnommen. „Ein Zuspruch und eine Einladung, die wir gerade in diesen herausfordernden Zeiten der Corona-Pandemie mit all den Auswirkungen mehr als gebrauchen können“, sagte der Stadtpfarrer weiter. „Auch wir sind in dieser Stunde eingeladen, Jesus zu begegnen: im Wort der Schrift, in Brot und Wein, in der versammelten Gemeinde. Lassen wir uns von ihm im Glauben stärken.“

Wie einfach wäre es, ohne Zweifel glauben zu können. Wie einfach wäre es, jede Stunde unseres Alltags im Bewusstsein zu leben, dass der Tod und die Auferstehung Jesu für uns das Heil bedeuten. Glaubenszweifel und Stunden des Haderns gab es schon zu Beginn der Kirche, das Beispiel des Apostels Thomas führe das an diesem Sonntag vor Augen. Nach den Lesungen aus der Apostelgeschichte und dem 1. Johannesbrief und der Verkündung des Heiligen Evangeliums nach Johannes ging Pater in seiner Predigt auf eben jenen Apostel ein.

„Als Jugendlicher habe ich mir das oft gewünscht: Wie Thomas Jesus gegenüberzutreten und das zu sehen, zu fühlen, was der Verstand kaum einsehen mag: Jesus lebt!“ Er habe sich damals gut mit diesem Skeptiker identifizieren können. Sein Verstand wollte damals auch ausschließlich Tatsachen und Beweise. Hieb- und stichfest musste alles sein, sonst hätte er es nicht geglaubt.

„Heute weiß ich, dass ich damals unter ,glauben’ etwas verstanden habe, was man anders bezeichnen müsste: Glauben als ,fürwahr-halten’. Heute weiß ich, dass Glauben etwas Anderes meint, nämlich die Hinwendung zu Jesus, die Freundschaft mit ihm, eine vertrauensvolle Beziehung. Thomas musste genau das Gleiche lernen, und deshalb ist er uns heutigen Menschen in vielem so ähnlich.“
Er sei einer, der nicht dabei ist, als Jesus den anderen Jüngern zum ersten Mal erscheint. Er sei einer, der auf das Glaubenszeugnis anderer angewiesen ist, und er ist skeptisch, ob er ihnen trauen kann. Er sei einer, der Beweise sucht und der einsehen muss, dass Beweise ihm nicht helfen, zu glauben.

Sein Verstand wehrt sich gegen das Unvorstellbare. „Jesus ist auferstanden! Jesus lebt – wir haben ihn gesehen!“ sagen die Jünger. Die Antwort des Thomas sei die eines nüchternen Tatsachenmenschen: „Wenn ich das nicht mit eigenen Augen sehe, wenn ich das nicht mit meinen Händen begreifen kann, glaube ich das nicht“.

Antwort macht neugierig

„Seine Antwort macht neugierig, wie die Geschichte weitergeht. Bekommt er seine Chance?“, so der Stadtpfarrer weiter. Eine Woche später sei es soweit gewesen. Alle sind beisammen, Thomas mit dabei – und Jesus kommt. Er weiß schon, was Thomas will, und fordert ihn von sich aus auf: „Schau her, greif zu!“ Doch nun komme das Erstaunliche in dieser Geschichte: Thomas tut es nicht. Er versucht nicht mehr, ein Wunder zu begreifen, das er letztendlich doch nicht verstehen kann. Dafür begreift er etwas ganz Anderes: „An Jesus zu glauben hat nichts mit forschen, sehen, betasten zu tun. An Jesus zu glauben heißt begreifen, dass er mein Herr und mein Gott ist und ich sein Freund bin.“
Das habe Thomas in diesem Augenblick erfahren, und diese Erfahrung trage sein weiteres Leben, nichts sonst. Deswegen berührt er Jesus nicht, sondern bekennt ihm seinen Glauben, seine Freundschaft, seine Treue, so Pater Josef.

Quelle: Marcel Ditrich, Walldürn

Jesus nimmt sein Bekenntnis an, auch wenn er ihn ein bisschen tadelt: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. „Damit meint er uns“ sagte der Stadtpfarrer. Gerade hier an diesem Gnadenort zum kostbaren Blut in Walldürn, habe Jesus Christus vor 691 Jahren ein sichtbares Zeichen seiner Gegenwart bei der Feier der heiligen Eucharistie geschenkt.
Als im Jahr 1330 der Priester Heinrich Otto aus Unachtsamkeit den konsekrierten Kelch nach der Wandlung umgestoßen hat und er das Bild des Gekreuzigten, umgeben von elf Abbildungen, die das Haupt Christi mit Dornen umwunden zeigten, sah, war er sicherlich irritiert und verstört.
Deswegen habe er das Korporale vor lauter Angst zunächst versteckt. Erst viel später, kurz vor seinem Tod, hat er darüber berichtet.
„Ein Wunder, das wir heute nicht mehr mit bloßen Augen sehen und erkennen können. Aber es ist noch heute ein Ereignis, ein Zeichen für uns Menschen, das fortwirkt, das uns berührt und das uns Kraft gibt, wenn wir im Glauben an Jesus Christus verwurzelt bleiben. Es ist für uns heute präsent, weil es uns unsere Vorfahren überliefert und bezeugt haben. Die Feier der Eucharistie ist die Quelle und der Höhepunkt unseres kirchlichen Lebens und dies wird besonders an dieser Gnadenstätte zum Kostbaren Blut in Walldürn immer wieder deutlich.“
Auch wir könnten den Herrn nicht leibhaftig sehen – doch wir können seine Gegenwart in unserem Leben spüren. Auch wir seien auf das Glaubenszeugnis anderer Menschen angewiesen, wenn wir manchmal selbst nichts von Jesus sehen und spüren können. Dann ist es wichtig, dass andere uns bezeugen: „Wir haben den Herrn gesehen! Er war da, als ich Trost suchte. Er war da, als ich vor einer schwierigen Entscheidung stand und nicht aus noch ein wusste. Er war da, als ich keine Hoffnung mehr hatte. Er hat mir einen Menschen geschickt, der mir weitergeholfen hat“.

Glaubenszeugnisse

Mit solchen kleinen Glaubenszeugnissen könne man genau dasselbe tun wie der Evangelist Johannes, der uns die Geschichte von Thomas erzählt hat: Andere zum Glauben bringen, die nicht dabei waren, die diese Erfahrung nicht oder noch nicht gemacht haben.
Denn deshalb, sagt Johannes, erzähle ich euch das ja, „damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus, der Sohn Gottes ist, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen“.
Der Stadtpfarrer dankte am Ende allen, die den Gottesdienst mitgefeiert haben und zu seinem Gelingen beigetragen haben. Darunter dem Wallfahrtsausschuss für die Planung und Vorbereitung dieses Gottesdienstes, wie auch der gesamten diesjährigen Wallfahrtszeit unter den erschwerten Bedingungen der Corona-Pandemie. Weiter den ehrenamtlichen Mitarbeitern im Ordnerdienst, die sich schon seit vielen Monaten freiwillig engagieren bei der Zutrittskontrolle, der Registrierung der Gottesdienstteilnehmer und der Desinfektion der Kirche.

Andacht am Nachmittag

Am Nachmittag fand um 15 Uhr die Andacht zur göttlichen Barmherzigkeit mit eucharistischer Anbetung statt.

 

Bericht Ralf Marker (c) Fränkische Nachrichten